Two lovers

von Lisa Krusche

»Opal Blue«, sage ich. Luca sitzt mitten auf dem ausgerollten Leinen, im Schneidersitz, ihre Fußsohlen fast schwarz, sie fährt mit ihrer Zunge über den Klebestreifen, zieht den linken Nasenflügel hoch, linker Mundwinkel Richtung Ohr, kneift das Auge zusammen, Reduktionsgrinsen, und klebt das Paper zu.
»Blau ist gut«, sagt Luca. Sonnenlicht tanzt auf dem farbfleckigen Atelierboden.
»Hab für jeden einen.« Luca reicht mir den Joint und zieht einen anderen hinter ihrem Ohr und unter ihren Locken hervor.
»Auf kein Kind.«
»Auf die Freiheit«, sage ich.
»Auf die Kunst.«
»Auf uns und alles, was wir wollen«, sage ich. Wir stoßen mit den Joints an, heute wird gefeiert, heute ist Jubiläum.

Ich saß in unserer kleinen WG-Küche, trommelte mit den Fingern auf den Tisch, starrte in die Kaffeetasse und klammerte mich so lange es ging an den Gedanken, der Kaffee sei mir fremd geworden und nicht ich. Auf dem Tisch Geschirrstapel, eine Fliege krabbelte über die Essensreste. An meinem Hals eine hitzige Röte. Das Pochen des Herzens und irgendwann, unüberhörbar, das Unterbewusstsein: FUCK.

»Hartmut wäre stolz auf uns«, sagt Luca und deutet auf die Leinwand. Drei Mal fünf Meter. Mach größer! Das ist das Mantra unseres Profs, als läge die Größe nur in der Größe. Er will uns bewahren in die Falle der »femininen« Miniatur zu tappen. Da steuert die Tradition, der unterbewusste Diskurs die Aussagen. Wie dem endlich entkommen? Luca streift den Pinsel an ihrem Oberschenkel ab und guckt, die rechte Fußsohle ans linke Knie gedrückt einbeinig stehend, auf die eben gemalten Linien und schüttelt den Kopf.
»Fast lustig eigentlich, dass die Ärztin ausgerechnet heute verklagt wurde.«
»Ja«, sage ich, »fast.«

»Was brauchst du in der Stadt?«, fragte Luca. Sie mir gegenüber in der S-Bahn, Beine ausgestreckt und zwischen meinen eingeklemmt, ihr Kopf an der Scheibe, zu früh für alles, obwohl es schon fast Mittag war. 
»Ich hab Schiss, ich kauf mir ’nen Test, zur Sicherheit.«
»Standardparanoia oder spezieller Grund?«
»Der Kaffee schmeckt mir nicht mehr.«
»Oha.« Die schmalen Brauen unter dem Pony, die sich zusammenzogen. »Schreib mir sofort.«
»Mache ich«, sagte ich.

In unserem tageslichtlosen Badezimmer, noch halb in der Hocke, die Hose um die Knöchel, sah ich der Pisse zu, wie sie sich langsam durch dieses kleine schicksalsentscheidende Feld zog. Kontrollstreifen: check. Du steckst richtig tief in der Scheiße: check. Der nächste Test wiederholte nur hämisch die gleiche Parole. Seit du das erste Mal gevögelt und das erste Mal Angst gehabt hast, weißt du: jetzt drei Anrufe tätigen. Frauenarzt, Pro Familia und Luca. Ergebnis bestätigen, alle weiteren Schritte absprechen, Pflichtberatungsgespräch abhaken, Partnerin in Crime ins Boot holen.
»Und?« Lucas Stimme und sofort wieder Ruhepuls.
»Worst case.«
»Okay. Ich komme sofort nach Hause. Ruhe bewahren. Wir machen einfach genau das, was du willst.«

»Eigentlich ist es gar nicht lustig«, sage ich.
»Ich weiß«, sagt Luca.
»Alles geht rückwärts und so eine Welt will ich nicht«, sage ich.
»Ja«, sagt Luca. Sie wischt mir mit ihrem Ärmel den Rotz unter der Nase weg, ich greife nach ihrer Hand und lege meinen Kopf auf ihre Schulter.

Heute wurde die Ärztin Kristina Hänel zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt, weil es auf ihrer Webseite die Möglichkeit gibt, Informationen über Schwangerschaftsabbrüche einzuholen.
Abtreibungsgegner hatten die Ärztin in Berufung auf Paragraph 219a angeklagt. Ein winziger Teil in der Chronik meiner Veräußerung, der Wertlosigkeit meines Willens. Mein Ich ist nie ganz meins. Subjekt nur als Fragment, Freiheit nie.

»Was will man ausrichten gegen die Regentschaft institutioneller Wahnvorstellungen?«, frage ich.
»Kunst«, sagt Luca. Ich schnaube. Sie zieht die Augenbrauen zusammen. »Hast du mehr zu bieten?«
»Ist doch krass«, sage ich, »es ist nicht die Intensität der Erfahrung von Abtreibung an sich, sondern die Intensität des gesellschaftlichen Diskurses über Abtreibung, die einen anspornt, darüber zu arbeiten.«
»Willkommen«, sagt Luca, »im Herzen dieser verlorenen Zeit.«

Zwischen Beratungs- und Abtreibungstermin lagen zwei Wochen. Zeit, die du warten musstest. Zeit, in der dein Körper dir fremd war und dein Geist in dieser Fremdheit verloren ging. Wie du irgendwann vor die Tür und in den Supermarkt gingst und zurückschrecktest, weil alles so grell und dumpf zugleich war. Eine Erinnerung an ein Früher, das eigentlich eben gerade erst gewesen ist. Da standest du vor den Waschmitteln und versuchtest dich selbst aufzurufen. Aber da warst du nicht, du warst anderswo, abgedrängt, vielleicht auch zurückgewichen. Verblasst im Schweigen. Du sprachst kaum, du sprachst nicht. Dinge, über die man nicht redet. Weil immer noch diese repressiven Narrative regieren; auch dich. Restriktion der Scham. Dein Schweigen: die Folie auf der sich der hässliche Diskurs weiterschreiben kann? Wie du zu keiner Sekunde, die du vor den Waschmitteln standest, über all das nachdachtest. Wie du bloß die Waschmittel anstarrtest, als sähest du so etwas zum ersten Mal, und versuchtest Teil dieser Supermarktrealität zu sein. In einem Leben, das sehr plötzlich deinem eigenen sehr fern war (und doch! deins war).

Wir tauchen unsere Pinsel in Malaga.
»Die meisten, denen ich davon erzähle, dass ich über das Thema arbeiten will, und zwar unter der Prämisse, dass es einfach die richtige Entscheidung war, schnauben, als sei es das Naivste, was sie je gehört haben und berichtigen mich, dass es in einer solchen Situation zwangsläufig ein Hin und Her zwischen den Möglichkeiten geben müsse. Als müsse es immer den Schmerz geben, als sei das Trauma unausweichlich.«
»Ich find’s gut. Aber mach es nicht so Tracey Emin-mäßig.«
»In echt liebst du die doch.«
»In echt liebe ich nur mich.«
»Denkst du, die Vorstellung einer Frau, die ohne zu zögern die Mutterschaft ablehnt, ist in den Köpfen der meisten auch heute noch eine Unmöglichkeit?«
»Auf jeden. Und ich glaube, Lars von Trier hatte total recht und wir müssen alle abballern, die uns unser Streben nach mehr als dem Sonnenaufgang verbieten wollen.« Sie grinst, steckt die Hand in die Jackentasche, zieht sie wieder raus, zur Pistole geformt, streckt den Arm in die Luft. »Peng, peng. Möge die Knarre nachholen, was eure Mütter damals versäumt haben. It’s a gift to the world to not have babies. Ya know.« Sie lässt den Arm und dann sich auf den Boden sinken.

Die Frauenärztin drehte den Bildschirm von dir weg, bevor sie mit der Untersuchung anfing.
»Zeigen Sie mal«, sagtest du.
»Das halte ich für keine gute Idee«, sagte die Ärztin.
»Ich schon«, sagtest du. Sie drehte den Bildschirm zu dir.
»Ceci n’est pas un bébé«, sagtest du und lachtest ein bisschen. Die Ärztin drehte den Bildschirm wieder weg.
»Der Verrat der Bilder«, sagtest du in dem von vornherein zum Scheitern verurteilten Versuch, den Witz durch Erklärungen zünden zu lassen. Ab wann darf man nicht mehr lachen?
»Sechste Woche«, sagte sie, nannte dir die Optionen und reichte dir eine Liste mit Nummern von Tageskliniken.
»Lassen Sie sich Zeit für die Entscheidung.«
»Ja«, sagtest du. An der Wand die vor Freude überlaufenden Grußkarten, frische Eltern mit ihren frischen Babys, viel Erschöpfung, viel Lächeln. Der Gedanke, heute ist echt nicht der erste Tag, an dem dir auffällt, dass es diese Option gibt, und es ist auch echt nicht der erste Tag, an dem du darüber nachdenkst, wie du damit umgehen willst, und es ist echt nicht der erste Tag, an dem du weißst, wenn du eine Grußkarte schreibst, dann allein mit deinem fett grinsenden Gesicht.

Das erste und einzige Mal, das du Nationalstolz empfandst: als du das Antragsformular für die Kostenübernahme bei der Krankenkasse ausfülltest. Weil du dich nicht verschulden, weil du nicht in ein anderes Land fahren und unter lebensgefährdenden Maßnahmen einen Eingriff durchführen lassen musstest. Wie seltsam eigentlich sich darüber zu freuen, wie seltsam darauf stolz zu sein, wie seltsam, das nicht als selbstverständlich zu empfinden.

Luca hat Bier und eine bunte Tüte am Sternchenkiosk gekauft. Sie beißt in einen grünen Smiley und zieht daran, bis ein Stück abrupt abreißt und ihre Hand so viel Schwung hat, dass sie ein Glas Wasser mit Farbe umschubst. Es zerbricht, die Flüssigkeit verteilt sich auf dem Bild.
»So ein Abfuck.«
»Ist doch gut«, sage ich, »sieht cool aus.«
»Nee, das mein ich gar nicht. Dass man immer noch diese Kämpfe kämpfen muss. Die Idioten da draußen. Dass wir fürs Vögeln immer mehr opfern müssen als jeder Kerl.«

»Sie sollten sich auch Gedanken über Verhütung machen, für die Zeit nach dem Eingriff«, sagte die Frau, die dir an dem Holztisch gegenübersaß. Lachapelle, Early Fall, dachtest du. Sie, mit ihren kurzen roten Haaren und dem Rattenschwänzchen im Nacken, und der Raum, mit den verblichenen Postern an den Wänden, die Ecken traurig herabhängend, Machs Mit, Kenn dein Limit, erinnerten dich daran.
»Das habe ich. Es bleibt ein Dilemma.« Lächeln auf einmal, sie richtete sich auf, Verschwesterung plötzlich, ja leicht sei das alles nicht und gut auch nicht, Pest und Cholera, und ihr nicktet einander zu und dann drückte sie dir den Beratungsschein in die Hand, der bestätigte, dass du hier gewesen warst, dass du dir Gedanken gemacht hattest, dass du jetzt mündig genug warst, um diese Entscheidung zu treffen, die du schon längst getroffen hattest. Draußen regnete es, du setztest deine Kapuze nicht auf, die Tropfen eisig, sofort leichtes Zittern, Wasser lief durch ein Loch in deinem linken Sneaker, du bliebst mit Absicht so lange in der Pfütze stehen, bis beide Füße ganz nass waren. Alles oder nichts ist eine Sache des Glaubens, auch dieser Satz selbst. Ich schwanke ständig. Aber es gibt die Kunst, und das ist alles was ich weiß.

»Ey Pollock«, sagt Luca, ich drehe mich zu ihr, sie drückt mir mit dem Pinsel einen Punkt auf die Wange.
»Manchmal mag ich dich wirklich gar nicht.«
»Du liebst mich egal was«, sagt Luca und schmatzt auf die gleiche Stelle einen bierfeuchten Kuss.

Dir wurde schlecht von den Worten, dir wurde schlecht von den Bildern. Die Slogans, die grellen Farben, die vielen Schnitte. Du machtest die Augen zu, atmetest ein, aus, du würgtest, atmetest, ein, aus, du machtest die Augen auf. Du schaltetest den Fernseher aus. Du schaltetest ihn wieder ein, weil ohne nur Stille war und die Übelkeit dann noch lauter wurde. Sie legte sich über alles wie ein nasser Samtvorhang.
»Zieh das an«, sagte Luca und hielt dir ein extrem kurzes Kleid hin. Corsage, Tüllrock, Glitzer Glitzer.
»Warum?«
»Du musst mal raus.«
»Aber mir ist kotzig. Und alles stinkt. Du stinkst.«
»Hier«, sie warf dir eine Medikamentenpackung rüber.
»Zäpfchen. Damit du’s nicht ausbrichst. Rein da, Kleid an und dann raus. Wir gehen tanzen.«
Ihr wart noch keine hundert Meter weit gekommen, da übergabst du dich das erste Mal auf den Boden. Freiluftkotzen ist der Anarchismus der Schwangeren, dachtest du nicht. Nasser Samt auch im Kopf und auf dem Boden Zwiebackstückchen. Du nicktest dem älteren Ehepaar freundlich zu, das einen Bogen um die Lache machte. Ihre ausgekämmte Dauerwelle hüpfte beim Kopfschütteln sanft auf und ab. Du gingst weiter, komisch gekrümmt, Luca neben dir, die Hand auf deiner Schulter.
»Wir, wenn wir alt sind«, sagtest du und deutetest auf euer Spiegelbild im Fenster von Stern Kebab.
»Ich habe mich gut gehalten«, sagte Luca, »du eher nicht so.«
Heute hat Luca das Glitzerkleid an, es kommt Tomboy und sie dreht den Sound auf und schleudert ihre Arme in die Luft und ich trinke Sekt und rauche und reiche ihr die Flasche rüber und wir lachen und tanzen.
»Ich liebe dich, du Fotze«, schreit Luca gegen den Bass an. Auf ihren Lippen lila Farbspuren.
»Ich liebe dich auch«, schreie ich zurück.

Auf der Packliste der Tagesklinik stand: Ein langes T-Shirt (oder Nachthemd), dicke Socken, Binden (wegen der Nachblutungen), eine Unterhose. Die zogen sie einem an und sie klebten auch die Binde ein, der Gedanke haut mich immer noch fast vom Hocker. Wahre und bis dato unerreichte Intimität. Es war der schönste medizinische Ort an dem du jemals warst. Man stellt sich das alles immer so grausig vor. Ein runtergerocktes Hinterhaus, von Aktivisten umlagert, alles vom Geruch der Angst durchtränkt und in den Fluren hört man leise das Seufzen toter Babyseelen. Du hörtest sie nicht. Vielleicht waren die Decken in dem Altbau einfach zu hoch, oder die Seelen fielen durch die Ritzen des Dielenbodens in den Keller.

»Und was machen Sie so?«
Du mochtest den Anästhesisten sofort, wie er so Standardsmalltalk machte, während zwei OP-Schwestern deine zittrigen Beine in den Halterungen zurecht rückten. »Beste Aussichten, was?«, wolltest du sagen, aber es kam dir nicht über die Lippen. Du musstest plötzlich an Hansons Abortion denken, die Hand kurz über dem gewölbten Bauch, der leblose Körper unter dem Faltenwurf des Tuchs.
»Ich mache Kunst.«
»Davon können Sie leben?«
Und bevor du Nein sagen konntest, bevor du sagen konntest, dass es darum nicht ginge, dass es darum nie ginge, kribbelte es und du warst weg.

Kaum wieder bei mir, der Griff nach dem Handy, Luca anrufen. Luca die mich hergebracht hatte und draußen im Flur auf mich wartete.
»Ich hab’s geschafft. Ich lebe.«
»Your soul is free.«
»Bist du draußen?«
»Bin draußen.«
»Ich penn jetzt noch eine Runde. Ich liebe dich du Fotze.«
»Selber Fotze.«
»Sag es.«
»Was?«
»Sag es. Los. Ich bin high und blute. Ich hab’s verdient.«
»Ich liebe dich auch.«

Aus: metamorphosen #23

Call For Papers: Science-Fiction/Slipstream

Sternschnuppen auf Knopfdruck? Ein Start-up aus Japan will, dass aus dieser Vorstellung bald Realität wird – unsere Realität.

Über zwei Jahre ist es her, seit wir uns in den metamorphosen mit den weit entfernten Galaxien und künstlichen Welten der Science-Fiction beschäftigt haben. Jetzt ist es Zeit für Teil zwei, denn was uns beim Lesen der Texte immer wieder wie Sternschnuppen von den Augen fiel: Science-Fiction als wahrnehmungsverunsichernder und -verunsicherter Modus hält auch in solche Texte Einzug, die mit dem Genre eigentlich nichts zu tun haben. Technizistische Verfremdung, kontrafaktische Weltbehauptung oder fröhliche Untergangsphantasie – you name it. Und obwohl sich uns im Real Life kaum noch Zukunft bietet: Wir kommen nicht los von der Zukunft und die Zukunft wird strange sein.

Das wirft eine Menge Fragen auf: Was passiert da gerade mit Virtualität und Realität? Warum muss immer die Welt untergehen? Welche Literatur nimmt uns an die Hand und führt uns durch das Uncanny Valley? Die Slipstream-Literatur zum Beispiel? Wo bleiben das Grobpixelige und der Glitch in der glatten Simulation? Wo brechen wir aus unserem Programm aus – und wo die Protagonisten, von denen wir lesen?

Schickt eure Texte (10 Seiten max.) bis zum 1. April 2019 an redaktion@metamorphosen-magazin.de.

Call For Papers: Queer(ness)

Herstory! Yourstory! Themstory! Während sich Romeo-und-Julia-Konstellationen durch die kanonisierte Literaturgeschichte ziehen, wurde heteronormativitätskritische Literatur lange Zeit ins Subversive gepusht. Damit haben sich nicht nur literarische Konventionen festgeschrieben, sondern wurden zugleich bestimmte soziale wie politische Narrative marginalisiert sowie unsichtbar gemacht. Wenn aber nur Teile der Lebenswirklichkeit historisiert werden, so müssen, gemäß Artaud, die Grenzen der Sprache eingerissen werden, um das echte, das wahre Leben zu befreien und Unsichtbares sichtbar zu machen.

In der kommenden Ausgabe möchten wir mit euch an solch einer queeren Sprache, einem queeren Kanon feilen und fragen: Was sind queere Narrative? In welchem Verhältnis stehen Sprache, Repräsentation und queere Körperlichkeit? Gibt es queere Tabuthemen? Ist queere Literatur zwangsläufig Aktionismus? Also queere Literatur als Littérature engagée? Wir möchten uns durch Farben und Formen queerer Literatur schlängeln, uns ins Begehren und Nicht-Begehren stürzen, Vielfältigkeit besiedeln und Singularitäten verknüpfen – queer, kritisch, und beautifully eccentric!

Schickt eure Essays, Lyrik, Prosa, Stücke, Artikel oder Rezensionsvorschläge (10 Seiten max.) zum Thema Queer(ness) bis 1. Dezember 2018 an redaktion@metamorphosen-magazin.de.

Call For Papers: Verbrechen

Charles Manson, Ursula Haverbeck, Uli Hoeneß – Verbrecher ist, wer geltendes Gesetz missachtet: Die Redaktion der metamorphosen ist voller Verbrecher. Der Bundestag ist voller Verbrecher. Die Ringbahn ist voller Verbrecher. Verbrecher werden bestraft, geächtet, ausgeschlossen – manchmal zumindest. Denn: Wie unsere Vorstellung vom Verbrecher nur scheinbar klar ist, ist auch das Verbrechen selbst eher ungreifbar. Juristisch ist zwar eindeutig benannt, was Straftat ist und was Ordnungswidrigkeit – oder welches Vergehen überhaupt vor Gericht landet. Verbrechen aber meint mehr als das. Es stellt die gesellschaftlichen Grundsätze in Frage: Macht und Moral, Ordnung und Sittlichkeit.

Die »wirklichen« Verbrechen kennen wir aus der Kriminalfiktion und den Titelseiten der Yellow Press. Was aber ist mit den »unwirklichen«? Denen, die zu groß oder zu klein sind, um über sie zu berichten, oder jenen, die von den Richtigen begangen wurden? Welches Verbrechen ist es wert, zum Gegenstand literarischer, journalistischer, juristischer oder wissenschaftlicher Texte zu werden? Welches Vergehen wird erinnert, welches vergessen? All das sind Fragen, die wir in der neuen Ausgabe beantworten wollen. Sind wir am Ende des Tages alle Verbrecher – oder keiner? Und wer schreibt das eigentlich alles auf?

Schickt eure Essays, Lyrik, Prosa, Stücke, Artikel oder Rezensionsvorschläge (10 Seiten max.) zum Thema Verbrechen bis 1. August 2018 an redaktion@metamorphosen-magazin.de.

Neue Ausgabe: Journal

LIEBES TAGEBUCH: Unsere neue Ausgabe ist da und mit dem Journal von vorne bis hinten dem tagtäglichen Aufschreiben verschrieben. (Texte über) Journale gibt es von:

David Wagner, Joachim Bessing, Deniz Ohde, Marc Degens, Angela Lehner, Asmus Trautsch, Jenny Schäfer, René Kemp, Moritz Rauchhaus, Lisa Saint Aubin de Téran, Mario Osterland und anderen BerichterstatterInnen des Tages.

Bestellen: Wie immer auf unserer Website, über den Verbrecher Verlag und überall im Buchhandel!

#journal #metamorphosen #abohilft

Call For Schreibwerkstatt

4. Schreibwerkstatt Nocthene/metamorphosen, Sommer 2018

Die Schreibwerkstatt Prosa der Nocthene Berlin und der metamorphosen geht in die vierte Runde. Ab dem 25. April besprechen wir wieder in der Humboldt-Universität im dreiwöchigen Rhythmus selbstverfasste Kurzgeschichten und Ausschnitte aus Längerem.

Es geht uns um die Arbeit am Text. Es wird sowohl Raum für Texte aus euren Schubladen geben als auch Schreibaufgaben zu bestimmten Themen. Wir reflektieren: Was ist handwerklich gut, was ist handwerklich schwach? Was funktioniert, wo hakt es noch? Warum klingt der Dialog so seltsam, und was ist nochmal freie indirekte Rede?

Die Schreibwerkstatt richtet sich an junge Schreibende in und um Berlin. Wenn du Interesse hast, schick uns eine aussagekräftige E-Mail mit Textprobe (max. sieben Seiten) sowie eine Liste deiner Veröffentlichungen bis zum 8. April an berlin@nocthene.de. Teilnahmevoraussetzung ist außerdem, dass du am Mittwoch zwischen 17 bis 20 Uhr Zeit hast, genauer gesagt an diesen Terminen:

25.04.
02.05.
23.05.
13.06.
04.07.

Die TeilnehmerInnenzahl ist auf acht begrenzt.

Die metamorphosen sind ein Berliner Literatur- und Kulturmagazin. Das Magazin erscheint alle drei Monate im Berliner Verbrecher Verlag. Die Nocthene ist eine literarische Plattform, die in Düsseldorf, Freiburg und Berlin Schreibwerkstätten veranstaltet. Darin entstandene Texte werden regelmäßig im Nocthene-Magazin veröffentlicht.

Die Leitung der Schreibwerkstatt übernehmen Angela Lehner und Jonas Rump. Angela Lehner, geboren 1987, war Stipendiatin des BMUKK, hat beim Klagenfurter Literaturkurs und der LCB Prosawerkstatt vorbeigeschaut und auch ein bisschen veröffentlicht. Jonas Rump, geboren 1990, hat Kurzgeschichten in unterschiedlichsten Literaturzeitschriften veröffentlicht und leitet seit 2013 Schreibwerkstätten in Düsseldorf und Berlin.

Hier noch einmal zum Mitschreiben:

Wo? An der Humboldt-Universität zu Berlin
Wann? Ab dem 24. April 2018
Wer? Junge Schreibende
Wie? Bewerbung mit Textprobe und Veröffentlichungen an berlin@nocthene.de
Bis wann? Bis zum 8. April 2018

Humanismus Morgen

von Karl Clemens Kübler

In einem Interview mit den Tagesthemen forderte die designierte Staatsministerin für Digitales, Dorothee Bär (CSU) eine stärkere Digitalisierung der Schulen. Bär sagte der ARD, dass Programmieren in die Lehrpläne der Grundschulen gehöre, und es »so wichtig wie Lesen und Schreiben« sei. Dass Schüler Tablets im Klassenzimmer benutzen, solle Norm sein, und »kein Privileg nur von Kindern in Privatschulen«.

Vielerorts liest man derzeit, Lehrpläne und Schulbildung sollten reformiert werden. Es solle den Kindern Praktisches beigebracht werden, Informatik müsse Pflichtfach sein, um Kinder auf die Zukunft vorzubereiten. Es sind oft genug die alten Sprachen, deren Sinn und Zweck in Zweifel gezogen werden, seien deren Sprecher doch tot und entbehre diese Bildung der unmittelbaren Verwertbarkeit auf dem Arbeitsmarkt. Als Geisteswissenschaftler macht man es sich oft leicht, diese Modernisierungsvorhaben reflexartig abzuwehren, obgleich sie ihre Berechtigung haben. Doch bleiben viele Argumente für die klassischen Philologien im Unterricht ungenutzt, auch wenn sie gerade dem postmodernen Menschen der Informationsgesellschaft einiges zu geben hätten. Gerade die griechische Antike und deren Werke können einen großen Beitrag leisten gegenwärtige Leser in Sachen Technologie und Technologiekritik zukunftsfähig zu machen. Denn entgegen dem Bild, die griechische Antike sei ein Zustand der Ursprünglichkeit gewesen, eine Quelle der Zivilisation, in der alles erstmalig und rein vorgelegen habe, war sie vielmehr ein Zeitabschnitt, der sich seiner eigenen Geschichtlichkeit bewusst war. Die griechischen Autoren wussten, dass sie einer entwickelten Zivilisation angehörten, deren Wissen auf dem Wissen anderer Zivilisationen vor ihnen, den Ägyptern, den Zivilisationen Mesopotamiens und den früheren Kulturen des Mittelmeerraums gründete. Das Verhältnis zur eigenen Technologie war so ein grundlegendes Thema ihrer Gedankenwelt.

So sehen wir am Ursprung der griechischen Literatur den Handwerker Odysseus, seiner Identität beraubt, der mithilfe seiner techne, Listen ersinnt und Gegenstände baut, um sein Leben wieder zurückzuerobern. Als geschickter Schiffsbauer und Schreiner schafft er es, sich durch Technik aus Situationen der Machtlosigkeit zu befreien – nur um bald wieder in solchen festzustecken. Der Philosoph Hannes Böhringer nennt das den Kreislauf von amechania und mechania. Die homerischen Epen lehren uns einerseits die Bedeutung der Technologie zur Überwindung unmittelbarer Problemstellungen. Andererseits zeigen sie uns ihre Grenzen auf: Der Preis, den wir für die technische Unterwerfung der Welt bezahlen, ist mitunter hoch. So kehren bekanntlich nur wenige der Helden Homers in ihre alten Leben zurück, obwohl sie dank pferdeförmiger Kriegsmaschine Troja zuletzt zerstören können. Und die Schmiedekunst erschafft zwar die Rüstung, doch rettet sie weder Achilles noch Patroklos vor ihrem Los. Allein der Kampf zieht sich in die Länge.

Die Griechen erkannten den zynischen Kreislauf der Technologie. Durch sie lösen wir Probleme der Gegenwart und schaffen Probleme der Zukunft, die wir noch nicht absehen können und so navigieren wir uns durch die Zeit, Werkzeug auf Werkzeug häufend. Ein technischer Vorteil des Helden Ajax ist der Schild, der wie eine zweite, harte Haut den Körper vor den Hieben und Pfeilen der Gegner schützt. Doch wird er unbeweglich dadurch, eingeschränkt in seiner Bewegung und somit unfrei. Die Technologie ist auch eine Bürde, die geschultert werden muss. Denn ein Zurück, hinter die Technik in Form von Pfeil und Bogen, gibt es nicht.

Auch Ikarus’ Geschichte ist bis heute bekannt, doch lohnt sich der Blick weg vom übermutigen Jungen auf seinen Vater, den Erfinder Dädalus, der die wundersamsten Maschinen baut. Als die kretische Königin Pasiphae in wilder Liebe zu einem Stier entbrennt, baut Dädalus ihr eine Konstruktion, dank der sie mit dem Tier schlafen kann. Nachdem Pasiphae schwanger geworden ist und einen Jungen mit Stierkopf auf die Welt bringt, wird klar, dass durch Dädalus’ technisches Geschick eine Grenze zwischen Mensch und Tier überschritten wurde. Um diese Grenzüberschreitung wieder rückgängig zu machen, baut Dädalus das berühmte Labyrinth, in dem der Stiermensch eingeschlossen wird. Doch was einmal entborgen wurde, lässt sich nicht so einfach wieder verbergen: Die Opferung von sieben jungen Frauen und Männern alle neun Jahre als Tribut wird zum Fluch des kretischen Königreichs. Erst Theseus setzt dem mithilfe des handwerklich gesponnenen Fadens der Ariadne ein Ende. Technik überwindet so die Fehler der Technik.

Während der Urvater aller menschlichen Einsicht in die Welt, Prometheus, von Johann Wolfgang von Goethe als feuerbringender, menschenbefreiender Renegat interpretiert wurde, geben die klassischen Prometheusfiguren Vielschichtigeres preis. So bringt der Prometheus des Aischylos den Menschen nicht nur das Feuer und den Beginn der technischen Entwicklung, sondern auch die blinde Hoffnung. Die blinde Hoffnung auf die menschliche Erkenntnis? Die Ambivalenz darin ist gerade in Zeiten des Glaubens an die Verbesserung der Welt durch umfassende Technisierung gedankenanregend. Wenn wir Heranwachsenden also mehr Werkzeuge an die Hand geben wollen, die Welt noch effektiver und noch umfassender zu durchwalten, so ist es umso drängender, ihnen gleichzeitig die Gedanken derer zugänglich zu machen, die sich bereits so intensiv und nachhaltig mit dem Wesen der Technik beschäftigt haben. Zweitausend Jahre sind eine lange Zeit, allerdings nicht so lange, als dass uns die Gedanken der Menschen nicht immer noch grundlegende Orientierung geben könnten. In den griechischen Autoren liegt großes Potential zum Nachdenken über unsere technologische Zukunft.

Call For Papers: Journal

»In Interferenz mit der Subjektserialität läuft die fast genauso schöne objektive Serialität der Medien, der Zeitungen und Zeitschriften […] – in französisch laufen diese beiden Phänomene in dem einen Wort Journal zusammen, Tagebuch und Zeitung.« (Rainald Goetz)

Tagebuch und Zeitung, das Tag-für-Tag im Angesicht des Weltgeschehens. Das Thema der kommenden Ausgabe der metamorphosen ist das Journal, sowohl in seiner weltumspannenden Dimension als auch als Medium der alltäglichen BerichterstatterInnen, der TagebuchschreiberInnen. Wie, fragen wir uns und euch, fließen die täglich auf Spiegel-Online und anderswo dokumentierten Geschichten der Weltpolitik, der Yücels, Snowdens, Pussy Riots und der Kardashians, als Unterströmung in unser Erleben, Schreiben – und Träumen ein?

Denn auf’s Tag-für-Tag folgt das Nacht-für-Nacht: das Traumjournal als Ort, in dem das eben noch im Tagestext fixierte Selbst mit seiner unterbewussten Nachtseite kollidiert – und mit ihr für einen kurzen Moment ein irrationales, fiktives Ganzes bildet.

Wir sind gespannt auf eure Texte, eure (Traum-)Journale!
Per Mail an redaktion@metamorphosen-magazin.de
Einsendeschluss ist der 31.03.2018

Call For Papers: Alchemie

Einsame Naturwissenschaft, einsamere Literatur? Für die neue Ausgabe der metamorphosen suchen wir Beiträge aus jenen Laboratorien, in denen die DNA der Texte aufgerollt und neu zusammengesetzt wird, in denen Transmutation und Experiment an der Tagesordnung stehen. Es geht um die Alchemie – als Chiffre für das Rational-Irrationale der modernen »Hard Sciences«: also fortschreitende Naturbeherrschung einerseits, andererseits das Utopische, etwa in dem irrwitzigen Gedanken, Metall in Gold zu verwandeln.

Wir haben die großen Fragen: Wie lang wir leben, was wir essen, wie wir lieben, ficken und sterben wollen. Dabei kann es auch um den irrationalen Hype gehen, in den sich vorsichtig formulierte Vermutungen verwandeln können, um Geheim- und Pseudowissenschaften – und nicht zuletzt um die Frage, ob das fiktionale Schreiben in diesem Spannungsfeld mehr kann als nur zu floskeln: »Amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden«.

Einsendeschluss ist: der 1. Dezember 2017
Per Mail an: redaktion@metamorphosen-magazin.de

Wir sind gespannt!

Schreibwerkstatt WS 17/18

Wenn man schreibt, hat man es mit so einigen Problemen zu tun: Der Bleistiftanspitzer wird stumpf, Reimwörter finden wird immer schwieriger, ständig geht synonyme.net offline, und wann kommt endlich die Werkausgabe von Peter Handke raus? Das größte Problem aber ist der Schreibtisch. Da passt nämlich immer nur einer dran.

Wir machen was dagegen. Die Nocthene und die metamorphosen schieben ihre Schreibtische zusammen und lassen die Schreibwerkstatt Prosa in die dritte Runde gehen. Ab dem 1. November werden wir uns alle drei Wochen in der Berliner Humboldt-Universität treffen und kurze bis mittellange Prosatexte oder Ausschnitte aus längeren Texten diskutieren und reflektieren.

Die Schreibwerkstatt richtet sich an junge Schreibende. Es geht um Fragen des Stils, der Handlung, des Handwerks. Wir wollen über den eigenen Schreibtischrand hinausblicken und wissen, ob, und wie, und ab wann ein Text überhaupt irgendwen interessiert.

Die Nocthene ist eine literarische Plattform, die an den Universitäten in Düsseldorf, Freiburg und Berlin Schreibwerkstätten veranstaltet. Darin entstandene Texte werden regelmäßig im Nocthene-Magazin veröffentlicht. Die metamorphosen sind ein Berliner Literaturmagazin. Sie erscheinen alle drei Monate im Berliner Verbrecher Verlag.

Wer Interesse hat, schickt uns eine E-Mail mit einer Textprobe und eventuellen bisherigen Veröffentlichungen an berlin@nocthene.de. Bewerbungsschluss ist der 15. Oktober. Die TeilnehmerInnenzahl ist auf zwölf begrenzt.

Und nochmal auf einen Blick:

Was? Schreibwerkstatt Prosa

Wo? Humboldt-Universität zu Berlin

Wann? Ab Mittwoch, 1. November, alle drei Wochen, 17-20 Uhr

Wie viele? Maximal 12 TeilnehmerInnen

Und jetzt? Bewerbungsmail mit Textprobe und Veröffentlichungen bis einschließlich 15.10. an berlin@nocthene.de schicken.